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Springermodell senkt Krankheitsquote um 40 Prozent

Mit eigens für kurzfristige Personalengpässe vorgesehenen Springerkräften lässt sich die bundesweite Krise in der Altenpflege nach Einschätzung der Diakonie Bayern deutlich mildern. Diesen Schluss lasse ein dreijähriges Pilotprojekt in fünf ambulanten und sechs stationären Einrichtungen eindeutig zu, hieß es.

Foto: Diakonie Bayern Diakonievorständin Sandra Schuhmann und Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm bei der Vorstellung der Projektergebnisse in München am 5. Juli.

„Die Konzepte, die wir in der bayerischen Diakonie erprobt haben, können eindeutig dazu beitragen, die Krise in der Pflege zu lindern.“, so Diakonievorständin Sandra Schuhmann bei der Vorstellung der Projekte in München. Möglich gemacht wurden sie durch Gelder, die die Evangelisch-Lutherische Kirche zur Verfügung gestellt hatte.

„Die Ergebnisse des Gesamtprojektes werden ganz sicher die Arbeit in den Pflegeeinrichtungen der Diakonie in Bayern verändern – uns freuen die Signale aus der Politik, dass von diesem Projekt aber auch wichtige Impulse ausgehen, um die Pflegepolitik des Freistaates voranzubringen.“, so Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm.

Drei Millionen Euro hatte die Evangelisch-Lutherische Landeskirche im Jahr 2018 bewilligt, um neue Konzepte in der Altenpflege zu erproben – für die intensivere Begleitung Schwerstkranker und Sterbender und ihrer Familien, die Entwicklung von neuen Arbeitszeitmodellen, den Einsatz ausländischer Fachkräfte sowie neuartiger Pflegetechnologien. Angesichts von bis zu einer halben Million fehlender Pflegekräfte in den kommenden Jahren sei es, so der Landesbischof, auch dringen notwendig, neue Weg zu gehen.

Kernpunkt war, dass die Einrichtungen auf eigens dafür vorgehaltene Springerschichten, -kräfte oder eine Gruppe von Springern zugreifen konnten, wenn etwa aufgrund von Krankheit eine Pflegekraft kurzfristig ausgefallen war.

“Das bedeutet im Normalfall, sie rufen die Kolleginnen und Kollegen an, die gerade frei haben. Das ist das berüchtigte ‘Holen aus dem Frei'”, erläuterte der Sprecher der Diakonie Bayern, Daniel Wagner. Diese für die Angestellten sehr belastende Praxis werde durch Springermodelle verhindert. Die messbaren Folgen: Eine um 40 Prozent gesunkene Krankheitsquote, ein Rückgang der Überstunden um bis zu 66 Prozent und eine deutliche Steigerung der Arbeitszufriedenheit – was die Altenpflege-Einrichtung wiederum für neue Fachkräfte attraktiv mache.

Mit einem verlässlicheren Dienstplan für alle Mitarbeitenden und dadurch auch eine Entlastung für die Verantwortlichen steigt die Attraktivität von Einrichtungen, die Springerkonzepte umsetzen, wie Prof. Joachim König von der Evangelischen  Hochschule Nürnberg betont, der die Projekte wissenschaftlich evaluiert hat – ein wichtiger Faktor, wenn die Besetzung offener Stellen in der Altenhilfe bis zu 170 Tagen dauern kann.

Wagner ist überzeugt: “Das kann ein Baustein sein, um die Pflegekrise in den Griff zu kriegen, und zwar nicht nur in Bayern, sondern bundesweit.” Allerdings müssten nun Politik und Kostenträger sicherstellen, dass die “dauerhafte Bereitschaft” der Springerkräfte auch flächendeckend umsetzbar sei und finanziert werde. “Wir hoffen sehr, dass sich nun was bewegt”, sagte Wagner. Erste Signale seien positiv.