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Die Top-30-Betreiber in der Pflege
Eine Reform der Pflegefinanzierung ist dringend notwendig. Diese und weitere Erkenntnisse liefert die jährliche Marktanalyse des Branchendienstes Care Invest (Verlag Vincentz Network) über die Top-30-Betreiber von Senioreneinrichtungen, Ambulanten Diensten und Betreutem Wohnen.

„Unserer Gesellschaft droht ein fatales Szenario: Obwohl die Zahl älterer Menschen steigt, sind viele Pflege-Dienstleister in der Existenz bedroht. Ihr Angebot könnte schrumpfen, nicht steigen. Die Herausforderung des demografischen Wandels wird immer schwerer zu lösen“, so lautet das Fazit von Matthias Ehbrecht, Chefredakteur von Care Invest.
Die vergangenen Monate haben Spuren in der Pflegewirtschaft hinterlassen. Das gilt vor allem für Träger und Betreiber von Einrichtungen der stationären Pflege, der ambulanten Versorgung oder des Betreuten Wohnens. Eine Reform der Pflegefinanzierung, die das Fortbestehen der Anbieter auch in Zeiten von hohen Energie-, Lebensmittel-, Miet- und Personalkosten sichert, ist aber noch immer nicht in Sicht. Von einer Entspannung bei dem teils dramatischen Mangel an Personal ganz zu schweigen.
Vor diesem Hintergrund wundert es nicht, dass viele Unternehmen in der Übersicht der Care Invest Top-Betreiber 2023 nur in kleinen Schritten gewachsen sind. Wenn überhaupt: Der Blick auf die 30 größten Anbieter zeigt, dass gerade die Hälfte der Betreiber bei der Zahl ihrer Plätze im Vergleich zum Vorjahr zugelegt hat. Die auffälligste Veränderung gibt es an der Spitze der Übersicht der Top-Betreiber: Die Alloheim Seniorenresidenzen haben dieses Jahr Korian an der Spitze abgelöst. Während Alloheim sein Angebot im Vergleich zum Vorjahr noch einmal um rund 1.000 Plätze ausgebaut hat, ist das Angebot bei Korian um 2.408 Plätze reduziert worden. Ein großer Teil davon betrifft ein Portfolio, das Korian im April des vergangenen Jahres an die neu gegründete Novent Holding übergeben hat.
Neu in der Top 10 der größten Betreiber sind dieses Jahr die Domicil Seniorenresidenzen. Der Anbieter, der eng mit dem Hamburger Investor und Projektentwickler Hanseatische Betreuungs- und Beteiligungsgesellschaft HBB verbunden ist, hat in den vergangenen rund 20 Jahren durch eine kontinuierliche Entwicklung des Portfolios insgesamt rund 50 Standorte in ganz Deutschland mit über 8.000 Plätzen erschlossen und gehört damit zu den wachstumsstärksten Anbietern der vergangenen Jahre.
Das Attribut wachstumsstark traf zuletzt immer auch auf Convivo zu. Vor allem durch ihr Wohnpark-Konzept haben die Bremer in den vergangenen Jahren für Aufmerksamkeit gesorgt. Nun hat die Erfolgsstory aber einen empfindlichen Dämpfer bekommen. Wenige Wochen, nachdem der Betreiber seine Zahlen für die Care Invest-Übersicht gemeldet hatte, musste die Gruppe für verschiedene Gesellschaften Insolvenzanträge stellen. Als Gründe für die Entwicklung wurden vom Unternehmen der Fachkräftemangel sowie hohe Krankenstände aufgrund der Corona-Pandemie genannt. Die Folge: Niedrigere Belegungszahlen und eine verminderte Wirtschaftlichkeit in den Einrichtungen.
Angesichts der Entwicklung und fehlender Weichenstellungen der Politik fürchten Branchenexperten, dass es weitere Fälle von Insolvenzen auf Betreiberseite geben wird. Keine gute Perspektive angesichts der steigenden Zahl Pflegebedürftiger. „Diese Entwicklung verschärft sich jedes Jahr, und die Antworten der Pflegepolitik sind immer die gleichen: Für Versicherte und Mitarbeitende mehr finanzieren, im Bereich der Pflegeunternehmen mehr regulieren und an die Branche appellieren, aus den Vorgaben doch das Beste zu machen“, sagt Thomas Knieling, Bundesgeschäftsführer des Verbands Deutscher Alten- und Behindertenhilfe VDAB. „Die Pflegelücke lässt sich eben nicht wegfinanzieren oder wegregulieren. Hier hilft nur eine Strukturreform in der professionellen Pflege, die es ermöglicht, auch mit weniger Ressourcen die Versorgung sicherzustellen.“
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